Konzessionsgesuch für eine elektrische Strassenbahn nach St. Gallen, 1911

Planskizze für eine elektrische Strassenbahn nach St. Gallen
Planskizze für eine elektrische Strassenbahn nach St. Gallen

Konzessionsgesuch für eine elektrische Strassenbahn Rorschach - St. Gallen - Arbon - Rorschach und eine elektrische Seilbahn Rorschach - Rossbüchel

Wer würde heute, im Zeitalter der Überland-Cars noch an den Bau einer Strassenbahn denken?
Die Aktionäre der Rheintalischen Strassenbahnen wissen davon ein gar trauriges Liedlein zu singen.

Und doch, im Jahre des Heils 1911 war das Konzessionsgesuch für eine elektrische Strassenbahn Rorschach - Arbon- St. Gallen - Rorschach doch sicherlich eine begrüssenswerte Tat initiativ veranlagter Männer.

Anders verhält es sich allerdings auch heute noch mit dem Projekt einer elektrischen Seilbahn auf den Rossbüchel. Wenn die Sonne wieder einmal über eine ungetrübte Wirtschaftslage auch in unserer engeren Heimat leuchtet, und wer hofft das nicht, dann wird auch der Bau und der Betrieb einer elektrischen Seilbahn wohl nicht das Letzte sein.

Der Traum einer elektrischen Strassenbahn nach Arbon - St. Gallen bleibt begraben, es lebe die zukünftige Seilbahn hinauf zum Fünfänderblick!

In diesem Zusammenhange sei auch noch etwas aus der Entstehungsgeschichte der Rorschach - Heiden - Bergbahn berichtet.

Dem «Ostschweizerischen Wochenblatte» vom 29. Februar 1872 wird folgendes berichtet: «Sonntag, den 25. Februar versammelten sich auf Einladung des Eisenbahnkomitees in Heiden die Abgeordneten der dabei interessierten Gemeinden im Wirtshause zur Landegg im Lutzenberg, um über die wichtige Angelegenheit «Eisenbahn Rorschach - Heiden» die ersten Beratungen zu pflegen. Die Mehrheit der Anwesenden sprach sich entschieden für das Unternehmen aus, gestützt auf die Tatsache, dass im vergangenen Jahre beinahe 500'000 Zentner Steine von Wienacht nach Rorschach spediert wurden. Das Resultat dieser Versammlung war die Wahl einer Kommission, welche den Auftrag erhielt, diese Angelegenheit weiter zu verfolgen und durch einen Ingenieur die Bahnlinie bezeichnen zu lassen. Als Kommissionsniitglieder wurden gewählt die HH. Richter Krüsi in Heiden, Kantonsrat Hedinger in Rorschach, Hauptmann Sonderegger in Heiden, Kantonsrat Schönenberger in Rorschacherberg Ratsherr Niederer in Lutzenberg.»

Am 30. Juli schreibt das gleiche Blatt: «Das Projekt einer Bahn Rorschach - Heiden fängt an aus dem Gebiete müssiger Besprechungen hinauszutreten und greifbare Gestalt anzunehmen. Bereits wird das Tracé ausgesteckt und wenn es nach dem Wunsche der hiebei Interessierten geht, und auch die Herren, die das Geld hben, ihr Ja und Amen dazu sagen, so dürfte in nicht allzu langer Zeit die alte Vätersitte, auf Schuhmachers Rappen ins Appenzeller Ländle zu wallfahrten, aus der Mode kommen.»

Ob wohl der Schulrat der Gemeinde Sulzbach bei Oberegg bei der Einweihung der Bahn ihrem Schulmeisterlein eine Lohnerhöhung bewilligt hat? Denn mit 800 Fränklein Jahresgehalt hat es sicher dem armen Magisterlein trotz freier Wohnung nicht rentiert, bei seinen Rorschacher-Besuchen die Bahn zu benützen. Jawohl, achthundert Franken offerierte in einem Inserat vom 27. November 1872 die Gemeinde Sulzbach ihrem Bildner der Jugend.

Kommen wir zur Rorschach-Heiden-Bergbahn zurück. - Der wurde, schon bevor überhaupt zum Bau geschritten
wurde, schon das Genick gebrochen. Geben wir dem Nörgeler vom 16. August 1872 das Wort. «Nicht allein ist ihre Länge dreimal so gross als die Entfernung der Gemeinde Heiden von Rorschach, sondern auch die zwei spitzen Winkel a) beim Nagelstein und b) beim St. Anna-Schloss machten uns ganz warm, als wir sie sahen. Hätten wir beim Nagelstein und beim St. Anna-Schloss Kurven, statt spitze Winkel, gefunden, so würde der vorliegende Plan weit eher unsere Zustimmung, niemals aber unsere vollkommene Billigung gefunden haben, denn die Reise dieses Rumpelkastens ist viel zu gross ...»

Man hat scheints doch etwas auf die Stimme jenes Kritikers gegeben, jedenfalls fährt man heute leider, oder Gott sei Dank, nicht über das St.Anna-Schloss nach Heiden.

Aber der Rumpelkasten! Wenn jener Schreiber heute die schmucken, eleganten roten Waggons der «Elektrischen Bergbahn Rorschach-Heiden» sehen könnte!

So ändern sich die Zeiten, und was einst für unmöglich gehalten wurde, erscheint uns heute als eine Selbstverständlichkeit.

Adolf Gaudy, Architekt
Emil Keller, Ingenieur
Rorschach, 11. September 1911

Buchtitel: Rorschacher Monatschronik 1934, Nr.2, S.2-3
Copyright: 1934 by E. Löpfe-Benz, Rorschach

Weiterlesen im nächsten Kapitel.

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