Geschichten um den Dorfbach

Dorfbach beim Restaurant Ochsen in Goldach
Dorfbach beim Restaurant Ochsen in Goldach

Der Dorfbach war nicht immer das Gewässer, das friedlich und idyllisch durch das Dorfzentrum fliesst, ganz und gar nicht.

Schon öfters haben Hochwasser in vergangenen Zeiten grössere und kleinere Schäden angerichtet. Ein grösseres Unglück ereignete sich im Jahr 1940.

Ein heftiges Gewitter tobte stundenlang über dem Rorschacherberg und liess den Dorfbach zu einem reissenden Gewässer anschwellen, das alles mit sich riss. Kleinere Brücken und Stege wurden weggeschwemmt, Hänge zum Rutschen gebracht. Holz und Geröll stürzten mit viel Getöse Richtung Goldach und verstopften den Durchlass zur Hauptstrassenüberdeckung beim Dorfplatz. Das Wasser ergoss sich in grossen Mengen über den Platz und hinterliess ein Bild der Verwüstung. Zwei Objekte wurden besonders hart getroffen. An der Konsumgasse 2 befand sich damals der «Obere Konsum» (heute Winterthur-Versicherung). Die Wassermassen füllten den gesamten Vorratskeller mit Sand und Geröll und spülten alle Lebensmittel hinaus Richtung Bahnhof. Nach dem Rückgang des Wassers suchten viele Leute unter Holz und Schutt nach unversehrten Konservendosen. Arg in Mitleidenschaft gezogen wurde auch die Bahnlinie. Die Weichen und Gleise waren mit Schutt überdeckt, sodass der Bahnbetrieb mehrere Tage eingestellt werden musste.

Der Dorfbach hatte aber auch seine schönen und friedlichen Seiten. Er diente verschiedenen Anwohnern als Waschmöglichkeit. So wusch zum Beispiel Frau Grob von der Neumühlestrasse über viele Jahre die Jutesäcke der Bruggmühle im Dorfbach und hängte sie anschliessend am Geländer beim Restaurant Landhaus zum Trocknen auf. Frau Grob war Sacknäherin.

Der Dorfbach war streckenweise aber auch ein gutes Fischgewässer. Hunderte von Forellen schwammen in den Vertiefungen umher und manch eine wurde von flinken Bubenhänden gefangen und landete – zwar unerlaubterweise – zu Hause in der Bratpfanne.

Auch weniger geschätzte Tiere waren zahlreich vertreten: die Ratten. Das war jedoch nicht weiter verwunderlich, wurden doch damals viele Abfälle einfach in den Bach gekippt. Unmittelbar beim Kirchenbrügglein in Obergoldach war das Schlachthaus der Metzgerei zum Ochsen. Anfallende Abfälle fanden über eine Rohrleitung den direkten Weg in den Dorfbach. Um die Steine wickelten sich Därme, Kutteln und andere tierische Abfälle. Auch überschüssiges Blut wurde auf diese Weise entsorgt. Den Ratten hat’s offensichtlich geschmeckt.

Auch die Schule benutzte den Dorfbach jährlich zweimal. Im Sommer und vor den Herbstferien mussten die Schülerinnen und Schüler genau nach Zeitplan ihre Tintenfässer aus den Schulbänken entnehmen und sie im Bach mit Sand und Wasser reinigen. Die Klassen des oberen Schulhauses (heute Kirchenfeldschulhaus) begaben sich mit den Lehrern Egli und Hartmann beim Restaurant Landhaus in den Dorfbach. Die Rosenackerschüler mussten unter der Aufsicht von Lehrer Dietrich den steil abfallenden Hang zum Bach hinunter, dort, wo heute das Wohnhaus der Familie Schnell steht. Bei diesen Reinigungsaktionen verfärbte sich das Gewässer jeweils auf weiten Strecken blau. Ob «Forelle blau» wohl daraus entstanden ist?

Text: Heiri Bärlocher
Originalartikel im Wellenbrecher Nr. 71 vom April/Mai 2007, S.19
Copyright: Gemeinde Goldach

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