VIII Die Seefront des untern Fleckens

Beim Kornhaus beginnend, fällt uns das kleine Badhaus der äbtischen Beamten auf. Es grenzt an das doppelte Gebäude des «Hirschen», in dem Constantin Hüttenmoser besonders an Markttagen viele Gäste bewirtet. Nach rechts folgt – stark verzeichnet und früher viel zu nahe am «Hirschen» (bis 1973 Oscar Weber) – das «Schiff» des Melchior Bürke. Im «Ochsen», dessen Nebengebäude am weitesten in den See vorstossen, schaltet Columban Hüttenmoser, im «Kreuz» Anton Heer und im Haus, Stallung und Trotte vor dem Adlerbach Johannes Gschwend. Alles hat hier mit Gastgewerbe zu tun, während sich unter den fünf Häusern gegenüber, die wir hier nachholen, «nur» zwei Gasthöfe befinden. Gleich westlich des Untern Bogens steht der «Engel» von Johann Baptist Künzles sel. Witwe, an den sich der «Hecht» des Josef Anton Schiltknecht schliesst. Beide Gasthöfe haben ihre Stallungen auf der Rückseite gegen die Neugasse. Dann folgt als drittes Haus das vermutliche Heim unseres Kupferstechers Roth. Das vierte und fünfte Haus bewohnen Martin Rothfuchs und Jakob Graf mit ihren Familien. – Vom Adlerbach westwärts bis zum Schlipf zählen wir acht Häuser. Da stehen – fast alle mit Seegärtchen – das «Schäfle» des Wirts und Apothekers Johann Josef Ackermann, der Besitz des Johann Wulpillier, das Boppartsche Haus (Hauptstr. 92), die «Alte Gerwe» des Gerbers Joachim Heer («Löwen»), der auch das Nachbarhaus (Hauptstrasse 96) erworben hat. Die drei letzten bewohnen Hutmacher Jakob Meyer, Josef Hammerers sel. Witwe und Kornhausträgler Josef Grueber. – Von hier an sind es nur noch unbedeutende kleinere Wohnstätten, 119 welche die Thurgauerstrasse säumen, mit Ausnahme des Spitals mit Garten (anstelle der Häuser Thurgauerstrasse 14 und 16).

Auch Alt-Rorschach hat keinen Mangel an Gaststätten. Wer von St. Gallen oder vom Thurgau her etwa am Donnerstagmarkt sich dem Herzen des Reichshofs nähert, den grüssen auf der rechten Seite der einladende «Grüne Baum», der stolze «Adler» und die seltene «Krone». Ihr gegenüber beginnt es mit dem «Schäfle» und dem «Kreuz». Während die Marktkarren weiterhin die Strasse versperren, rasten die Pferde in den hinterwärtigen Stallungen des «Ochsen» und «Hirschen» und der den nahen See ankündigenden «Hecht» und «Schiff». Dann folgt, als letzte Verheissung vor dem Tor zum äbtischen Marktplatz, der «Engel». Der ganze Obere Flecken besitzt nur ein Gasthaus, abgesehen vom «Güldenen Löwen» am Marktplatz: Das bis vor kurzem noch so genannte Restaurant «Ilge».

Ein kurzes Wort über den Kupferstecher Johann Franz Roth (1731-1798) selbst, dessen zwei eigene Häuser (Hauptstrasse 79 und 89) wir aufgestöbert haben. Nach der Darstellung des verstorbenen Stiftsbibliothekars Dr. Josef Müller im Rorschacher Neujahrsblatt 194311 sollte der Junge für die Kattundruckerei seines Vaters das Zeichnen erlernen. Er wurde Student der Kupferstich-Kunst in Strassburg und kehrte nach einem längeren Aufenthalt in Paris heim. Johann Franzens Urgrossvater, Kupferschmied Mathäus Roth, war Ammann gewesen. Sein Vater Hans Jakob Roth hatte sich in eine sozial gehobene Stellung emporgearbeitet und in spanischen Solddiensten den Leutnantsgrad erworben. So durfte er es wagen, für seinen Jungen zwei Rorschacher Aristokraten als Paten zu wählen: den hochfürstlich st.gallischen Ratsherrn Franz Ignaz von Bayer (1696- 1778) und Anna Regina von Hoffmann (geb. 1702). Mit 26 Jahren heiratete er die Ammannstochter Anna Katharina Heer. Bald gab er das Kattundrucken auf, wurde Rorschacher Hofschreiber und nacheinander Angestellter der Hoffmann und Bayer. Schliesslich eröffnete er eine kleine Gaststätte zum «Pfauen», der seine Frau vorstand. Dem Umstand, dass Roth im Grunde genommen dem Kaufmannsberuf abhold war, verdankt Rorschach, wie Josef Müller sich ausdrückt, «einen wenn auch nicht hochbedeutenden, so doch künstlerisch nennenswerten Kupferstecher».

11 Dr. J. Müller, Kupferstecher Johann Franz Rorh von Rorschach, RNB 1943.

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