Johann Maurer, Messmer, Schaffner, Oekonomieverwalter

Johann Maurer, Messmer, Schaffner, Oekonomieverwalter, Rorschach
Johann Maurer

Ein 90-jähriger Velofahrer

Auf der breiten Heerstrasse blitzen und flitzen täglich ungezählte Velofahrer kreuz und quer hin und her, und alle sind - vorbei, ohne weiteres Interesse zu wecken. Aber jedesmal grössere Bewunderung weckt in uns ein Radfahrer, der fast täglich auf den Strassen Rorschachs seine Botengänge macht. Wir sehen ihn hier im Bilde, den Mann mit dem frohen und doch ernsten Blick, mit dem freundlichen Gesichtsausdruck und dem sprichwörtIichen Niklausbart. Er ist übrigens ein Niklauskind, denn am Niklaustag des Jahres 1846 wurde er geboren als Kind eines Leinenwebers in Zwiefalten in Württemberg. Johann Maurer ist sein Name. Im Jahre 1877 trat er in den Dienst des Klosters St. Scholastika, damals noch beim äussern Bahnhof in Rorschach, als Messmer und Schaffner.
Als dieses Kloster dann im Jahre 1905 nach dem Neubau oberhalb Tübach verlegt wurde, blieb Herr Maurer weiterhin seinem Dienstherrn treu. Er leitete mit anerkannter Tüchtigkeit den landwirtschaftlichen Betrieb des Klosters, amtete als gewissenhafter Messmer und besorgte die Botengänge in die nähere Umgebung. Als 57-jähriger Mann lernte er damals das Fahren mit dem Velo, denn seine vielen Arbeiten einerseits und sein grosses Pflichtgefühl
anderseits, veranlassten ihn, mit der Zeit möglichst haushälterisch umzugehen.
Nun steht der seinem Alter entsprechend noch sehr rüstige Mann, der «Kloster·Johann», seit dem Klausentag 1936 im 91sten Lebensjahre, führt noch täglich mit seinem Velo die Botengänge in die Umgebung aus und nicht selten ist sein Zweirad mit viel Gepäck befrachtet. Trotz des hohen Alters ist der Mann geistig noch sehr regsam, besitzt noch eine schöne zügige Handschrift und eine beneidenswerte Energie. Als Messmer und Oekonomieverwalter ist er vor einigen Jahren zurückgetreten, um jüngern Kräften Platz zu machen. Das Kloster St. Scholastika wusste die musterhafte Exaktheit und die treue Pflichterfüllung seines Angestellten jederzeit dankbar zu schätzen.

Buchtitel: Rorschacher Monatschronik 1937, Nr.6, S.45
Copyright: 1937 by E. Löpfe-Benz, Rorschach

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