Henry-Levy Diem (*1870 – †1947), Industrieller, Rorschach

Henry-Levy Diem, Industrieller, Rorschach
Henry-Levy Diem

Vor annähernd 50 Jahren, zur Zeit der blühenden Stickerei-Industrie, ist Henri Levy aus dem Elsass in die Schweiz gekommen. In Rorschach stand ihm in einem Kaufhause eine Stelle offen, in der er seine reichen Talente entfalten konnte. Bald wandte er sich grösseren Aufgaben als Verkaufsleiter der Textilmaschinenfabrik Fritz Baum zu. Aber seine Intelligenz und seine Arbeitsfreudigkeit wiesen ihn zur geschäftlichen Selbständigkeit.

Mutig wagte er 1897 den kühnen Schritt des Kaufmannes zum Maschinenfabrikanten, zuerst sich auf die Erzeugung von Textilmaschinen beschränkend, dann aber - als die Stickerei-Industrie der schweren Krise entgegenging mit kluger Voraussicht und sehr tüchtigen Kräften sich dem Bau von Werkzeugmaschinen widmend, die seinen Namen in die Welt hinaustrugen.

Aeusserlich kam die ausserordentliche Entwicklung in den Fabriken an der Weiherstrasse und später im modernen Bau in der Seebleiche eindrucksvoll zur Geltung. Die Energie und Tatkraft, welche diese Werke schufen, können wir nur ahnen. Die Stufenleiter der Entwicklung, die vom Verkäufer zum Maschinen-Industriellen führte, war nicht nur von Erfolgen, sondern auch von Enttäuschungen begleitet. Je schwerer die Krise auf seinem Unternehmen lastete, umso mehr wuchsen bei Henri Levy die Kräfte, sie zu meistern.

Henri Levy war schon längst in seiner Gesinnung Schweizerbürger geworden. Er machte seiner Wahlheimat als Soldat, als sozial gesinnter Unternehmer und Bürger alle Ehre. Rorschach wurde ihm zur eigentlichen engeren Heimat. Die Bürgerschaft schätzte ihn ob seiner natürlichen Liebenswürdigkeit, seinem Takte, seiner integeren Lebensführung und seiner erprobten Tüchtigkeit.

Die Schweiz war ihm zum lieben Vaterland geworden, weil er ihre freiheitliche Tradition, ihre Rechtsgleichheit und Glaubens- und Gewissensfreiheit aller Bürger hoch schätzte. Auf Henri Levys Lebensweg lag viel Sonne, aber auch viel Schatten. Es ist ein Leben gewesen, das ihn an Erkenntnissen reich machte, denn auch Leiden sind  Lehren. Tief schmerzte ihn die grauenhafte Verfolgung des Volkes, dem er entstammte und dessen Tragik ihn tiefer schütterte.

Den grössten Schmerz, den Verlust seiner Kinder, trug Henri Levy still und tapfer. Dies machte ihn noch mehr zum reifen, verstehenden und verzeihenden Menschen. Die Arbeiterschaft der Starrfräsmaschinen AG (Starrag) verlor in Henri Levy einen sorgenden Arbeitgeber und der Bezirk Rorschach einen Industrieführer von Format. Das Andenken an den Menschen und Arbeitgeber Henri Levy wird in Ehren gehalten werden.

Buchtitel: Rorschacher Monatschronik 1947, S.192
Text: Frank Mächler
Copyright: 1947 by E. Löpfe-Benz, Rorschach

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